Scheuermannsche Krankheit

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    Beiträge
  • #4089
    Kirsten
    Teilnehmer

    Hallo liebe Lehrer,
    ich habe einen Termin vereinbart mit einer Person und weiß bisher nur, dass sie ca. 30 J. ist, die obige Krankheit hat – einen sehr ausgeprägten Buckel, hat jahrelang nichts dagegen gemacht, hat sich jetzt entschlossen etwas zu ändern und ist in ärztlicher Behandlung, trägt ein Korsett und geht zur Massage bzw. KG, ihr Rücken ist schmerzfrei.
    Ich habe sie gebeten sich bei ihrer KG erkundigen, was sie sagt.
    Ich würde mich aber sehr freuen, wenn ich hier Antworten bekäme, wie ich eine Behandlung durchführen kann, was gut ist und was ich besser lassen sollte.
    Liebe Grüße
    Sonnenschein

    Beitrag geändert von: Sonnenschein, am: 2009/05/07 21:22

    #4252

    Lieber Sonnenschein,

    darf ich fragen, in welcher Phase der Ausbildung du dich befindest? Davon werden meine Antworten u.a. abhängen: wenn du dich bereits in der fortgeschrittenen Phase der Ausbildung befindest, kann ich dir andere Hinweise geben als wenn du dich in der ersten Häfte der Ausbildung befindest. In jedem Fall gilt: es gibt im Shiatsu keine \“Kochrezepte\“ für die Behandlung von unterschiedlichen Beschwerden, wohl aber Tipps.

    also warte ich auf deine Antwort.

    einen lieben Gruß,

    Wilfried Rappenecker

    #4253
    Kirsten
    Teilnehmer

    Hallo Wilfried,
    bin 1 Jahr vor der Prüfung bei dir. (Sorry, dass ich nicht unter meinem echten Namen schreibe – das Forum ist ja wirklich sinnvoll und deshalb benutze ich es auch und schreibe dich nicht außerhalb an – aber ich persönlich mag es überhaupt nicht im Internet aufzutreten.) Ich benötige weniger ein Kochrezept, als vielmehr mein Gedankengang dahingehend ist: Wie verhält es sich bei einer nicht \“gesund\“ gewachsenen Wirbelsäule, wenn ich \“normal\“ den Rücken behandele oder Dehnungen mache. Einfach auslassen bei der Behandlung gestaltet sich durch die zentrale Lage der Wirbelsäule etwas schwierig. Oder mache ich mir einfach zu viele Gedanken?
    Liebe Grüße
    Sonnenschein

    #4255
    Vojislav Anicic
    Teilnehmer

    Hallo Sonnenschein,

    Herzlichen Dank für Deinen Beitrag. Aus praktischer Erfahrung mit Personen, welche an der Scheuermannschen Krankheit leiden, kann ich Dir möglicherweise einige nützliche Tipps zur Behandlung solcher Menschen geben, und Dich zur Arbeit mit diesen Menschen ermutigen.

    Einige Datails zur Krankheit: Bei der Scheuermannschen Krankheit handelt es sich um eine pathogene Fehlentwicklung der Wirbelsäule, welche häufig während des pubertären Wachstumsschubes zwischen dem 11. und 17. Lebensjahr auftritt (im Volksmund auch Lehrlingsbuckel genannt). Aufgrund von Fehlbelastungen der Wirbelsäule kommt es zu einer unverhältnismässig starken Belastung der Wirbelkörper, wodurch die Wachstumszonen an den Kanten der Wirbelkörper beschädigt werden und der Wirbelkörper keilförmig weiterwächst. Durch diese Keilform mehrerer Wirbelkörper kommt es zur Rundrücken- bzw. Buckelbildung der Wirbelsäule. Die gesamte Wirbelsäule gerät in eine Fehlstatik und es kommt oft zu kompensatorischen Verformungen im Lendenbereich, zu sog. Hyperlordosen. Die Verformung der Wirbelsäule kann starke Schmerzen verursachen und nach sich ziehen. Mit Abschluss des Wachstums kommt es zu keinem weiteren Fortschreiten der Krankheit, sie ist selbstlimitierend.

    Derartige Verformungen der Wirbelsäule führen zu Beschädigungen und zu höhrem Verschleiss der Wirbelkörper und insbesondere der Bandscheiben. [b:4b5l0gsz]Die Wirbelkörper und Bandscheiben[/b:4b5l0gsz] im Bereich der Verformung und im Lendenbereich sind eine [b:4b5l0gsz]physische Schwachstelle![/b:4b5l0gsz] Fehlbelastungen der Wirbelsäule sollten grundsätzlich vermieden werden.

    Zur Diagnose: Im Zusammenhang mit Dehnungen, Rotationen usw., würde Dir empfehlen, gemeinsam mit Deinem Clienten herauszufinden, wie gross das Bewegungsspektrum, insbesondere des Oberkörpers, ist. Lass Dir zeigen, welche Bewegungen Dein Client (ohne Korsett wenn möglich) [b:4b5l0gsz]aus eigener Kraft und schmerzfrei[/b:4b5l0gsz] ausführen kann, in stehender Position als auch in liegender Position (nach vorne beugen, nach hinten, zur Seite, usw.). Dadurch erhälst Du einen Eindruck davon, welche Bewegungen diese Person ohne Schmerzen ausführen kann. Betroffenen Meridiane sind hier besonders der Blasen- und der Nierenmeridian, sowie das Holzelement im Körper. Diesen Energiestrukturen darfst Du, nach Befund, besondere Aufmerksamkeit widmen.

    In der Praxis: Es ist wichtig, dass die Person entspannt liegen kann. Unterstütze die gegebene Haltung so gut wie möglich. Ich empfehle Dir, viel Stützmaterial wie Kissen und Decken bereitzuhalten. Falls Du ein Body-Cushion besitzt, kannst Du dieses verwenden. Vielleicht sind hier zusätzliche Anpassungen angebracht. Nimm Dir Zeit, um eine möglichst angenehme Position für Deinen Clienten zu finden.

    Dynamische Elemente wie Dehnungen, Rocking, Rotationen würde ich, besonders in den ersten Sitzungen, unter häufiger Rücksprache mit Deinem Clienten anwenden. [b:4b5l0gsz]Von Rotationen der Wirbelsäule würde ich Dir in den ersten Sitzungen abraten. [/b:4b5l0gsz]

    Grundsätzlich gibt es sehr wenig, was Du nicht machen kannst. Wenn Du Dir nicht sicher bist mit einer Technik oder der Intensität Deines Drucks, frage nach und bitte Deinen Clienten, Dir entsprechendes Feedback zu geben. Lass Dir Zeit mit dem Körper Deines Clienten vertraut zu werden. Arbeite langsam und vorsichtig und bitte Deinen Clienten um Feedback zu einzelnen Techniken. Frage nach, wie es sich anfühlt, ob du weiter gehen darfst usw. Dies gibt Dir Sicherheit im Umgang mit dem Körper Deines Clienten.
    Ich hoffe, einige Deiner Fragen beantwortet zu haben und wünsche Dir viel Mut und Spass in Deiner Praxis.

    Vojislav Anicic

    Beitrag geändert von: Voja, am: 2009/05/13 10:26

    Beitrag geändert von: Voja, am: 2009/05/13 10:27

    #4256
    Kirsten
    Teilnehmer

    Hallo Vojislav,

    herzlichen Dank für deine sehr ausführliche Antwort und deine ermutigenden Worte. Trotz bisher 3-jähriger Ausbildung und Anatomiekurs, tauchen bei mir sobald ich auf mir unbekannte Krankheitsbilder treffe, doch ziemliche Unsicherheiten für die Behandlung auf. Über die Krankheitsbilder informiere ich mich dann zwar im Internet – damit ist für mich wie in diesem Fall aber nicht wirklich klarer, was ich beim Shiatsu besser lassen sollte, um dem Klienten nicht zu schaden. Insofern war mir deine Antwort sehr hilfreich und ich sehe der ersten Behandlung nun wesentlich gelassener entgegen.

    Liebe Grüße
    Sonnenschein

    Beitrag geändert von: Sonnenschein, am: 2009/05/23 19:14

    #4257

    Lieber Sonnenschein,

    es ist völlig o.k., wenn du hier im Forum nur deinen Usernamen benutzt. Und danke, dass du deine Frage im Forum stellst und nicht in einer privaten email, von der andere nicht profitieren würden.

    Vojia hat dir ja bereits ausführlich mit guten Tipps und Hinweisen geantwortet. Dieser Antwort möchte ich mich anschließen, gleichzeitig aber auch noch etwas hinzufügen.

    Ob der Buckel wirklich durch eine Scheuermannsche Krankheit verursacht wurde, ist nicht klar. Der \“Scheuermann\“ wird von Ärzten auch oft als Verlegenheitsdiagnose gestellt. Und Vojia hat Recht: die Scheuermann\’sche Krankheit sistiert spätestens im frühen Erwachsenenalter. Deine klientIn ist über dieses Alter hinaus.

    Grundsätzlich gilt zudem, dass die schulmedizinischen Diagnosen uns wertvolle Informationen geben. Sie sagen uns jedoch nicht, was wir wie zu tun haben, sie sagen nicht einmal konkret, woran der betreffende Mensch wirklich erkrankt ist oder leidet. So wichtig und oftmals effektiv (und oft auch nicht sehr wirksam) die Schulmedizin ohne Zweifel ist, sie kann nur einen Teil der Realität eines Menschen erfassen und mitunter ist ihr Blickwinkel extrem eng.

    Im Shiatsu haben wir die Möglichkeit, noch andere wichtige Facetten der Person zu erfassen und mit ihnen zu arbeiten. Darum lass deinen Blick nicht durch die medizinische Diagnose \“Scheuermann\“ einschränken. Schau, was dieser Mensch dir zeigt und in Worten und über seinen Körper dir erzählt.

    Ist der Buckel eine Sache, die in seiner Familie schon öfter vorkam oder etwas ganz neues? Wie hat dieser Mensch seine Pubertät erlebt, war das eine sehr schwierige Zeit, ist da irgend etwas wichtiges vorgefallen? Was ist seither geschehen? Warum trägt er/sie ein Korsett – weil es ein wirklich extremer Fall mit großen Beschwerden ist (er/sie hat keine Bescheerden, schreibst du) oder weil ein Arzt das vor 10 oder 15 Jahren mal verordnet/empfohlen hat?

    Wenn du in den Körperraum dieses Klienten hineinspürst, was kommt dir entgegen – im Bereich des Buckels, in den angrenzenden Bereichen? usw.usf.

    Jede dieser Fragen (und all die anderen, die dir vielleicht noch einfallen) bietet dir die Möglichkeiten, Antworten zu finden, die möglicherweise für die Behandlung von großer Bedeutung sind.

    Wichtig ist, du arbeitest nicht mit einem Scheuermann, sondern mit deinem Menschen, den seine inneren Kräfte dazu gebracht haben, einen Buckel zu entwickeln. Kannst du diese Kräfte und Themen ahnen? Wie kannst du sie berühren? Berühre das, was du findest; versuche in die Situation des Menschen hineinzuspüren; sei kreativ.

    Und dann arbeite z.B. entsprechend der Vorschläge, die Vojia dir gemacht hat. Arbeite aber auch mit Kyo und Jitsu-Mustern im Körperraum – wo ist das stärkste Jitsu, wo die tiefsten und interessantesten Kyos? Und wie reagiert dein Klient auf deine Behandlungen und welche neuen Möglichkeiten ergeben sich so?

    Berichte doch mal von deinen Erfahrungen1

    einen lieben Gruß,

    Wilfried Rappenecker

    #4260
    Kirsten
    Teilnehmer

    Lieber Wilfried,
    habe die Klientin nun zweimal behandelt und ich danke dir für den heißen Tipp den Fokus auf die Frage zu legen: welche Kräfte haben den Buckel wachsen lassen.
    Auch wenn ich Themenmäßig noch keine Ahnung habe, so habe ich doch einen guten Eindruck bekommen, welche unglaubliche Kraft sie in ihrem Holzelement zu haben scheint.
    Wie Vojia bereits schrieb, ist es in der Tat so, dass im Hara mir vor allem Niere auffällt(mit einer Spannung wie ich sie noch nie gefühlt habe) und am Rücken das extreme Ungleichgewicht der Kräfte zwischen (luftigem) Buckel und (trägem und überhitztem) Kreuzbein.
    In den Gesprächen taucht permanent das Holzelement auf – selbst ihr Gang hat etwas Hölzernes. Sie läßt sich auf die Behandlung ein – kontrolliert sich aber sehr stark dabei.
    Ich danke euch beiden herzlich für eure Antworten – ich habe sie wirklich angstfrei und mit gutem Gefühl behandeln/kennenlernen können.
    Liebe Grüße
    Sonnenschein

    #4262

    Lieber Wilfried,
    habe die Klientin nun zweimal behandelt und ich danke dir für den heißen Tipp den Fokus auf die Frage zu legen: welche Kräfte haben den Buckel wachsen lassen.
    Auch wenn ich Themenmäßig noch keine Ahnung habe, so habe ich doch einen guten Eindruck bekommen, welche unglaubliche Kraft sie in ihrem Holzelement zu haben scheint.
    Wie Vojia bereits schrieb, ist es in der Tat so, dass im Hara mir vor allem Niere auffällt(mit einer Spannung wie ich sie noch nie gefühlt habe) und am Rücken das extreme Ungleichgewicht der Kräfte zwischen (luftigem) Buckel und (trägem und überhitztem) Kreuzbein.
    In den Gesprächen taucht permanent das Holzelement auf – selbst ihr Gang hat etwas Hölzernes. Sie läßt sich auf die Behandlung ein – kontrolliert sich aber sehr stark dabei.
    Ich danke euch beiden herzlich für eure Antworten – ich habe sie wirklich angstfrei und mit gutem Gefühl behandeln/kennenlernen können.
    Liebe Grüße
    Sonnenschein

    Lieber Sonnenschein,

    Danke für deinen Bericht. Ich freue mich immer, wenn Nachrichten zu Fragen kommen, die zuvor im Forum angesprochen wurden. Informationen zum Verlauf sind für mich und sicherlich auch für andere Leser sehr interessant.

    Ich wünsche dir viel kreative Feude dabei, gute Kommunikationsmöglichkeiten für die Gegensätze im Rücken – und für die in der ganzen Person – zu finden.

    einen lieben Gruß,

    Wilfried

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